Mehrheit kann das Misstrauen nicht zerstreuen
Das Grundstück unterhalb des Platzenbergs in Bad Homburg, auf dem zunächst der Neubau der Pestalozzischule errichtet werden sollte, hat die Stadtverordneten beschäftigt. Es bleibt aber unklar, was dort nun geschehen soll.


bie. BAD HOMBURG. Auch nach der Ankündigung von Oberbürgermeisterin Ursula Jungherr (CDU), die Pestalozzischule für Lernhilfe auf dem Gelände der ehemaligen Kerschensteinerschule an der Urseler Straße und nicht am Bommersheimer Weg anzusiedeln, hat der Bebauungsplan 99 für den ursprünglich vorgesehenen Standort unterhalb des Platzenbergs die Gemüter der Stadtverordneten erhitzt. Gleich zweimal konnten sie darüber am Donnerstag diskutieren, weil zwei Anträge zum Thema getrennt behandelt wurden. Kern beider Debatten war die Frage, was mit der Fläche am Rand der Berliner Siedlung geschehen soll - und ob die Mehrheit aus CDU und FDP zu einem späteren Zeitpunkt, etwa nach der Oberbürgermeisterwahl am 26. April, nicht doch noch eine Bebauung zulassen könnte.


Die Grünen wollten in einem gemeinsamen Antrag mit der Bürgerliste Bad Homburg (BLB) im Bebauungsplanverfahren festschreiben lassen, dass die im Entwurf als "Schule" festgesetzte Fläche in "Grünfläche" umgewandelt wird. "Wir wollen das Kleinod Platzenberg schützen", sagte Bardo Röhrig (Die Grünen). Seine Einschätzung "So einfach ist das" erwies sich nur zum Teil als richtig. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Alfred Etzrodt merkte an, dass der Flächennutzungsplan unter "Grünflächen" Parkanlagen, Sportplätze, Freibäder, Friedhöfe oder Tiergehege verstehe. Der jetzige Zustand falle unter "landwirtschaftliche Nutzung". Den korrekten Begriff übernahmen die Antragsteller zwar gerne, eine Mehrheit fanden sie angesichts des Widerstands der Koalition dennoch nicht.

Die CDU hatte einen eigenen Antrag gestellt, in dem sie die Verwaltung zur Prüfung aufforderte, "welche Zielsetzung an die Stelle der Ansiedlung der Pestalozzischule treten soll". Außerdem fragte sie nach den verfahrensrechtlichen Folgen für den Regionalen Flächennutzungsplan und das Bebauungsplanverfahren. Der Antrag spricht von einer "Entscheidung", die Pestalozzischule jetzt auf dem Kerschensteiner-Grundstück zu bauen. "Von einer solchen Entscheidung ist mir nichts bekannt", kritisierte Holger Fritzel von der Neuen Homburger Union (NHU), und auch die BLB-Fraktionsvorsitzende Beate Fleige hob hervor, weder bei der Stadt noch beim Kreis gebe es bisher einen solchen Beschluss. "Es ist eine klare Botschaft nötig", sagte Fleige. Angesichts des von den anderen Rednern geäußerten Verdachts, nach der Wahl könne alles anders sein, fügte Etzrodt in den CDU-Antrag den später so verabschiedeten Zusatz ein, dass eine Nutzung als Gemeinbedarfsfläche auszuschließen sei. Und Jungherr selbst versicherte, auch ihrer Ansicht nach solle das ursprünglich vorgesehene Schulgelände aus dem Plangebiet herausgenommen werden und ein Acker bleiben. Doch zuerst wolle man den Entwurf offenlegen und Anregungen der Bürger aufnehmen.

Das habe man fünf Jahre lang nicht getan, schimpfte Fritzel, und im Entwurf müsse ja schließlich stehen, was dorthin solle. Wenn die Fläche nicht für Gemeinbedarf vorgesehen sei, dann vielleicht für eine andere Bebauung? Auch Fleige blieb bei ihrem Misstrauen, weil die Mehrheit die Festlegung scheute. Die SPD war unterdessen noch immer verärgert darüber, sich lange gegen den Widerstand der Anwohner für den Schulbau eingesetzt zu haben und dann vom Sinneswandel der Oberbürgermeisterin überrascht zu werden. "Ich fühle mich verarscht", sagte Jürgen Stamm (SPD).

Gänzlich von der nahenden Direktwahl überlagert war schließlich die Diskussion um einen NHU-Antrag, die Wahl eines Bürgermeisters durch das Parlament vorzubereiten. Schäfer versprach, die Opposition werde einen parteilosen Bürgermeister mitwählen, nachdem es der CDU seit August 2003 mit ihrer eigenen Mehrheit nicht gelungen sei. Als "Botschaft an die Wähler", dass sich etwas ändern müsse, wollte Waldemar Schütze (SPD) den Antrag vier Wochen vor der Oberbürgermeisterwahl verstanden wissen. "Unser Oberbürgermeister Karl Heinz Krug wird die Magistratsmitglieder dann zusammenführen", sagte Schütze und löste damit Gelächter bei der Koalition aus. Der CDU-Fraktionschef sprach von "Tagträumen" der SPD, denn die neue Oberbürgermeisterin sitze schon auf der Magistratsbank. Die BLB-Vorsitzende Fleige verkündete schließlich noch, die Bürgerliste unterstütze den als unabhängigen Kandidaten antretenden Michael Korwisi (Die Grünen). Damit waren alle Kandidaten in die Debatte eingeführt, während der Antrag naturgemäß keine Mehrheit fand.


Text: F.A.Z., 28.03.2009, Nr. 74 / Seite 59